Valerie Wendenburg

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«Der Kunstmarkt hat sich verändert»

Erschienen am 2. Juni 2023 im jüdischen Wochenmagazin tachles.

Mit Spannung wird die Art Basel erwartet. Im letzten Jahr war die international führende Kunstmesse ein Erfolg: 70 000 Besucherinnen und Besucher kamen an die Art Basel und die Aussteller meldeten gute Verkaufszahlen. Die Art selbst wie auch die Stadt Basel zeigten sich erfreut, dass nach der Pandemie Tausende namhafte Menschen aus der Kunstszene den Weg in die Stadt fanden. Die Art Basel ist bedeutend für den Standort Basel, gerade nachdem die Uhren- und Schmuckmesse Baselworld nicht mehr stattfindet.

«Basel» (2023), ein Kunstwerk des peruanischen Künstlers Patrick Tschudi, Galerie Alex Schlesinger

 

Gemeinsames Rheinschwimmen
Tourismus Basel hat daher für dieses Jahr die Initiative «I’m pART of it» initiiert. Wie die Direktorin von Basel Tourismus, Letizia Elia, sagt, ist die Art Basel stark an den Massnahmen und Aktivitäten beteiligt. Die Kampagne, die während der Messe laufen wird, richtet sich an das Gastgewerbe, an Taxi- und Uber-Fahrer, an Mitarbeitende im ÖV und im Einzelhandel, aber auch an die Baslerinnen und Basler. «Auch Sie können», so Letizia Elia, «als gute Gastgeber ‹part of it› sein.» Ziel ist es, die Art Basel mit dieser umfassenden Initiative zur «Stärkung der Willkommenskultur in der ganzen Stadt stärker sichtbar, spürbar und erlebbar zu machen». Die Initiative macht klar: Die Art Basel ist für den Standort Basel von grosser Wichtigkeit. Nicht nur für das Gastgewerbe und die Hotellerie, sondern auch wegen ihrer grossen internationalen Ausstrahlung und ihrer Bedeutung für das Image der Stadt Basel als Kunst- und Kulturstadt. Es heisst: «Es müssen darum alle möglichen Massnahmen ergriffen werden, um die Art Basel langfristig am Standort Basel zu halten und die Partnerschaft zu stärken.» Insgesamt soll die Art Basel in der Stadt sichtbar werden, es können Buttons bestellt werden, die auch von der Bevölkerung getragen werden können, die Kommunikation auch auf Social Media und durch Influencer wird verstärkt und alle Gäste erwartet ein «Welcome-Package» in allen Hotelzimmern. Geplant ist sogar ein gemeinsames Rheinschwimmen von Basel Tourismus und Art Basel Management mit Galeristinnen und Galeristen.

Hotellerie zieht Preise an
Ein weiterer und entscheidender Punkt sollen «attraktive Übernachtungsangebote für die Public Days» sein. Wie eine tachles-Recherche ergibt, sind die Hotelpreise in der Art-Woche aber nach wie vor um ein Vielfaches höher als im Normalfall. Dies bestätigt auch Markus Rück von der Galerie Carzaniga in Basel, die auch in diesem Jahr wieder an der Art Basel im Sektor «Feature» mit der One Man Show Mark Tobey teilnehmen wird. Er begrüsst, «dass erkannt worden ist, dass diese Messe für Basel von grösster Bedeutung ist und dass man alles daran setzen muss, dass sie auch in Zukunft hier stattfinden kann». Gleichermassen aber merkt er an: «Schade nur, dass gewisse Hotels der Versuchung nicht widerstehen können, die Zimmerpreise auf eine imageschädigende Art und Weise zu erhöhen.» Die Initiative wird unter den an der Art anwesenden Galeristen sehr unterschiedlich aufgenommen. Auch Monika Wertheimer, die mit ihrer Galerie an der Photo Basel vertreten sein wird, sagt: «Die Kampagne finde ich gut und ich werde mir sofort Buttons bestellen.» Die Herausforderungen, vor denen die Art Basel steht, werde die Initiative aber auch nicht lösen können. «Seit der Pandemie hat die Kauflust nachgelassen», so Monika Wertheimer. «Es wird sich zeigen, wie viele Sammler tatsächlich nach Basel kommen, um Kunst zu kaufen, da sie heutzutage Käufe auch online tätigen können.» Sie beobachtet zudem, dass immer mehr Menschen Kunstmessen als Event besuchen, aber nicht unbedingt kaufen.

Auf Qualität setzen
Kritischer äussert sich der Zürcher Galerist Alex Schlesinger, der auch an der Photo Basel anwesend sein wird. Auf die Initiative von Tourismus Basel angesprochen, sagt er, man erkenne sofort, dass die Messe oder die Stadt Basel gegen irgendwelche Probleme anzukämpfen habe. «Damit die Messe weiterhin erfolgreich bleibt und ein grosses Publikum, vor allem ein Sammlerpublikum anzieht, muss die Art Basel nach wie vor auf Qualität setzen. Kaum ein Sammler wird sich zu einem Kauf entscheiden, nachdem er mit seinem Galeristen den Rhein überquert hat», so Alex Schlesinger, der einräumt: «Als Aussteller an einer Nebenmesse der Art Basel muss ich im Prinzip alle Bemühungen unterstützen, die die Messe stärken, denn alle Nebenmessen sind von einer florierenden, starken Art Basel abhängig.» Seine Galerie, die an diesem Wochenende ihr 20-Jahr-Jubiläum feiert, wird an der Photo Basel die israelische Fotografin Michal Chelbin ausstellen, es wird ihre Schweizer Premiere sein.

Schwächung des Kunstmarkts
Robert Landau kam erstmals vor 30 Jahren auf Einladung von Art-Gründer Ernst Beyeler nach Basel und ist seither regelmässiger Aussteller mit seiner Galerie Landau Fine Art an der Messe. Seiner Meinung nach ist der Kunstmarkt heute sicher schwächer als noch vor einem Jahr, und er blickt gespannt auf die Art Basel: «Ich erwarte, dass sich diese Tendenz auch in Basel zeigen wird», sagt er. «Die Preise für zeitgenössische Kunst waren in der Vergangenheit deutlich zu hoch, hier wird eine merkliche Veränderung zu spüren sein.» Eine Kampagne wie die von Basel Tourismus und der Art Basel begrüsst er zwar, da er den Standort Basel sehr schätzt und auch ein Interesse daran hat, dass die Art Basel eine Zukunft hat. Die Herausforderungen auf dem Kunstmarkt seien auf diese Weise aber kaum zu lösen, meint auch Robert Landau. «Viele Leute reisen nicht mehr gerne, wie es früher der Fall war. Fliegen ist nicht mehr so komfortabel wie vor der Pandemie. Es ist doch die Frage, wie viele Sammler aus den USA und auch Asien sich überhaupt noch auf den Weg in die Schweiz machen.» Dass sich die Menschen, die zur Art Basel anreisen, in der Stadt willkommen fühlen, sei nicht mehr als ein positiver Nebeneffekt, solange die Hotelpreise nach wie vor in die Höhe steigen, wenn die Messe ansteht.

Unter Druck
Tatsächlich zeichnet sich eine Abschwächung des weltweiten Kunstmarkts ab. Wie in der «NZZ am Sonntag» berichtet wurde, seien jüngst prominente Werke bei Auktionen der grossen Häuser wie Sotheby’s und Christie’s nur mit empfindlichen Preisverlusten oder gar nicht verkauft worden. Umso mehr steht die Art Basel unter Druck, und die Ergebnisse der weltweit wichtigsten Kunstmesse, die am 13. Juni startet und am 18. Juni endet, werden mit ein wichtiger Gradmesser sein. Der neue CEO der Art Basel, Noah Horowitz, sagte selbst im «Handelsblatt»: «Meine ultimative Aufgabe ist es, für Wachstum für die Art Basel zu sorgen.» Er betont auch, dass die Art Basel und die Schweiz ohne Zweifel immer noch «der Gipfel in unserer Industrie» sind. Für den Kunstmarkt wie auch die Stadt Basel als Standort ist zu hoffen, dass dies auch in Zukunft so bleibt. Inwiefern die Initiative «I’m pART of it» von Basel Tourismus Früchte trägt, wird wohl mehr im Stadtbild als an den Verkaufszahlen zu sehen sein. l